„Zukunft gestalten wir.“ – und das mit neuer weiblicher Führungsspitze
22. Ordentlicher DGB-Bundeskongress vom 8. bis 12. Mai 2022 in Berlin
Das Parlament der Arbeit mit 400 Delegierten beriet in diesem Jahr über 70 Anträge. Deren inhaltliche Vielfalt spiegelte das Ziel wider, die demokratische und wirtschaftliche Zukunft des Landes mitzugestalten: Vom direkten Bezug zum Arbeitsleben wie bei den Anträgen zu Partnerschaftlichkeit, Stärkung der Rechte von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften und der Integration von sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz in den Arbeitsschutz hin zu Anträgen mit Wirkung über rein betriebliche Zusammenhänge hinaus, wie der Verankerung der Gleichbehandlung und des Schutzes vor Diskriminierung im Grundgesetz oder der Bekämpfung von Rechtsextremismus wurden wesentliche Zeitfragen aufgegriffen.
Jennifer Mansey, Leiterin der Abteilung Frauen/Diversity der IGBCE, zeigte sich beeindruckt: „Die Stimmung auf dem Kongress war gut und die Einzelgewerkschaften haben sich sehr geschlossen gezeigt. Das heißt nicht, dass es keine Diskussionen gab – besonders beim Initiativantrag zum Krieg gegen die Ukraine bildeten die Wortmeldungen die ganze Bandbreite der gesellschaftlichen Meinungen ab. Mir ist kein anderes gesellschaftliches Forum bewusst, in dem eine so breite Debatte möglich ist und dabei ein so respektvoller Umgang mit anderen Meinungen stattfindet.“
Mit ihren Ansprachen und Grußworten würdigten auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und der Minister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil, als politische Spitzenvertreter*innen die Arbeit der Gewerkschaften.
Zentral platziert war das Thema „Der Wandel ist weiblich“, das Motto des diesjährigen Weltfrauentages. Die Anträge A002, WANDEL IST WEIBLICH – Die Geschlechterperspektive in der Transformation verankern und A004, Rollenstereotype sichtbar machen und wirksam bekämpfen, sorgen für eine klare Ausrichtung der zukünftigen Gewerkschaftsarbeit. Symbolträchtig war daher auch die Wahl von Yasmin Fahimi mit 93,23 Prozent (358 Stimmen) zur Vorsitzenden des DGB. Sie ist damit die erste Frau an der Spitze und führt das Vorstandsteam mit Elke Hannack (als stellvertretende DGB-Vorsitzende im Amt bestätigt) sowie Stefan Körzell und Anja Piel an, die ebenfalls als Mitglieder des Vorstandes bestätigt wurden.
Frauen im DGB stärken – auch dieser Antragstitel war Programm, findet Jennifer Mansey: „Die Anträge zu Frauen und Diversity sind alle einstimmig oder mit großer Mehrheit beschlossen worden. Es gab viel Rückenwind für die Themen. Gegenüber dem Bundesarbeitsminister haben die Frauen in der Halle noch einmal deutlich gemacht, dass sie von der Ausweitung der Minijobs nichts halten und dass dies vor allem den Frauen langfristig schadet. Das Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Transformation ist auch nach diesem Kongress – ähnlich wie nach dem IGBCE-Gewerkschaftskongress – in aller Munde. Wir müssen hier die Chancen nutzen, die die Transformation uns bietet und unseren Gestaltungsanspruch als Frauen immer wieder benennen.“
Neue DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi im Kurzporträt
Yasmin Fahimi (*1967) ist die erste Frau an der Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Auf dem 22. Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin ist sie mit 93,23 Prozent der Stimmen zur DGB-Vorsitzenden gewählt worden und nahm die Wahl an.
Fast wirkt die neue Position wie eine logische Weiterentwicklung des Werdegangs der 55jährigen gebürtigen Hannoveranerin: Nach Abschluss ihres Studiums als Diplom-Chemikerin war Yasmin Fahimi kurz als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Technische Chemie der Universität Hannover tätig, bevor sie 1998 zur Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE wechselte. Ab dem Jahr 2000 begann sie ihre Laufbahn als Gewerkschaftssekretärin in der IGBCE in verschiedenen Bezirken und war zuletzt Leiterin der Abteilung Grundsatz, politische Planung und Organisationsentwicklung beim Hauptvorstand.
„Lasst Euch nie von Euren Zielen und Leidenschaften abbringen!“
Yasmin Fahimi, neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes
Von 2014 bis 2015 war Fahimi Generalsekretärin der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, hatte von 2016 bis 2017 die Position einer beamteten Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales inne und ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Nach ihrer Wahl zur DGB-Vorsitzenden betonte Fahimi: „Die Zeit drängt für eine starke Mitbestimmung und eine starke Tarifbindung. Wir setzen uns ein für eine gerechte Verteilung, gute Bildungschancen und für gute Arbeit in der Transformation.“. Außerdem will sie junge Frauen und Gewerkschafterinnen ermutigen: „Lasst Euch nie von Euren Zielen und Leidenschaften abbringen! Die Gewerkschaften sind der Ort, wo wir Euch dafür stark machen.“