Equal Care Day

Care-Arbeit im Fokus

Respekt und mehr — Erziehung und Pflege verbessern

Am 1. März 2023 ist Equal Care Day — der Tag, an dem die Care-Arbeit im Fokus steht. Noch stärker als sonst soll sie einer kritischen Betrachtung unterworfen werfen. Denn es gibt einiges zu tun: Care-Arbeit soll sichtbarer und mehr wertgeschätzt werden, sie muss fairer zwischen Männern und Frauen verteilt werden. Der 1. März soll dazu dienen, aktiv zu werden, gemeinsam und solidarisch nachhaltige Lösungen für die verschiedenen Bereiche zu entwickeln und Care-Arbeit in den Fokus wirtschaftlichen und politischen Handelns zu stellen.

Der Equal Care Day — daher kommt er, das will er

Der Equal Care Day ist ein Aktionstag, der auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit aufmerksam machen soll. Er wird jährlich am 29. Februar bzw. in Nicht-Schaltjahren am 1. März begangen. Der 29. Februar als Tag, den es nur alle vier Jahre gibt, ist bewusst gewählt: Er steht symbolisch dafür, dass Männer mit 20 Prozent das Vierfache an Fürsorge- und Care-Arbeit leisten müssten, um auf denselben Umfang wie Frauen mit 80 Prozent zu kommen.
Der Equal Care Day findet 2023 zum siebten Mal statt.

Aus dem Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung geht hervor, dass Frauen für Care-Arbeit deutlich mehr Zeit aufwenden als Männer. Der Gender Care Gap beträgt 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten.

Eine Möglichkeit für Entlastung in der Care-Arbeit zu sorgen, ist die Betreuung von Kindern, Jugendlichen und zu pflegenden Angehörigen auszubauen. Dazu hat die Europäische Kommission im September 2022 eine Europäische Strategie für Pflege und Betreuung vorgestellt. Das Ziel: „Hochwertige, bezahlbare und leicht zugängliche Pflege- und Betreuungsdienste in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten“. Außerdem soll sowohl „die Situation der Betreuungs- und Pflegebedürftigen“ verbessert werden als auch die derjenigen, „die sich professionell oder informell um sie kümmern“.

Zusammen mit der Strategie legt die Kommission den Mitgliedstaaten zwei Empfehlungen vor: Die eine betrifft die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung. In der anderen geht es um den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Langzeitpflege. Dabei betont die Kommission besonders, welche großen Vorteile es habe, in hochwertige Pflege und Betreuung zu investieren: Vereinbarkeit und Arbeitskräftemangel würden positiv beeinflusst, die Konjunktur werde belebt und neue Arbeitsplätze geschaffen. Gleichzeitig würden Frauen, die sich bisher hauptsächlich um die Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen kümmern, wieder für den Arbeitsmarkt aktiviert werden können. In Europa sind 90 Prozent der professionellen Pflege- und Betreuungskräfte Frauen, und 7,7 Millionen Frauen sind wegen Pflege- und Betreuungsaufgaben nicht erwerbstätig.

Die europäische Initiative, Pflege und Erziehung zu verbessern, dafür zu investieren und sich dabei auf eine sozialpartnerschaftliche Basis zu stellen, begrüßt deshalb auch Vanessa Westphal, Fachsekretärin in der Abteilung Sozialpolitik der IGBCE:

„Wir begrüßen die Initiative. Sie legt einen überfälligen Fokus auf arbeitende Eltern und pflegende Angehörige mit ihrer wirtschaftlich und gesellschaftlich wertvollen Leistung.”

Der DGB steht an vielen Punkten hinter dem Papier der Europäischen Kommission: Zum Beispiel, was die gemeinsame Betrachtung von frühkindlicher Betreuung, Bildung, Erziehung und (Langzeit-)Pflege betrifft. Er sieht sich darin bestätigt, dass der stetige Dialog zwischen den Sozialpartnern und Tarifverhandlungen gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung auch in der Pflege überhaupt ermöglichen.

Neben den Sozialpartnern sind jedoch auch die Gesetzgeber gefragt, für bessere Rahmenbedingungen und eine Entlastung der in der Pflege Beschäftigten zu sorgen, u. a. durch die Einführung gesetzlicher Standards zu bedarfsgerechter Personalbemessung in allen pflegerischen Bereichen.

Aus Sicht des DGB ist es deshalb dringend erforderlich, die Personalsituation in den Einrichtungen zu verbessern, damit der Ausbau nicht weiter zu Lasten der immer noch überwiegend weiblichen Beschäftigten erfolgt. Ebenso wichtig ist es, die sozialpädagogischen Berufe weiter aufzuwerten und den Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen Perspektiven für ihre berufliche Weiterentwicklung zu bieten.

Solange vorausgesetzt wird, dass erwerbstätige Mütter die Bring- und Abholdienste von und zur Kita und/oder Schule übernehmen, solange die Kita im Notfall die erwerbstätige Mutter statt des erwerbstätigen Vaters anruft, wird sich in der Frage der Zeitverteilung für bezahlte Erwerbs- und unbezahlte Sorgearbeit nicht viel bewegen.

Der Blick muss sich viel stärker auf Arbeitgeber*innen und ihre gesellschaftliche Verantwortung richten. Arbeitgeber*innen müssen sich bewegen und an den Bedarfen ihrer Belegschaften orientierte familienfreundliche Arbeitszeitmodelle ermöglichen, die Frauen und Männer gleichermaßen adressieren und ihnen als Sorgeverantwortung Tragende die Möglichkeit eröffnen, ohne Überforderung neben der eigenen Erwerbstätigkeit auch Familienaufgaben wahrzunehmen.

In Bezug auf die Langzeitpflege braucht es eine vorausschauende Präventionsstrategie, die dem Wunsch vieler älterer Menschen entspricht, möglichst lange in ihrem sozialen Umfeld alt zu werden und möglichst lange gesund zu bleiben. Dazu gehören eine ausreichende soziale und finanzielle Absicherung, eine angemessene Wohnsituation sowie ein quartierbezogenes medizinisches und soziales Versorgungssystem als auch eine hinreichende Möglichkeit der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe.

Ein wesentliches Instrument für die Gestaltung des Sozialversicherungssystems, und damit auch der Leistungen der Pflegeversicherung in Deutschland, sind aus Perspektive der IGBCE die Sozialwahlen. Hier werden Vertreter*innen der Versicherten in die Selbstverwaltung der Krankenkassen, Rentenversicherungsträger und Berufsgenossenschaften gewählt. Sie nehmen mittelbar Einfluss darauf, welche Pflegeleistungen die Versicherungen zusätzlich zu den gesetzlichen Vorgaben beispielsweise anbieten. Und auch, wenn Equal Care eng gefasst wird, bezogen auf die Verteilung von Pflege- und Erziehungsaufgaben innerhalb der Familie, können die Versichertenvertreter*innen Einfluss nehmen: Beispielsweise, indem eine Person, die den Großteil an Erziehungs- und Pflegeaufgaben trägt, keinen Nachteil in Bezug auf ihre Versicherungsleistung hat.

Die IGBCE ruft daher dazu auf, sich an den Sozialwahlen im Frühjahr 2023 zu beteiligen.
Stichtag für die Stimmabgabe ist der 31. Mai 2023.

Die IGBCE hat erkannt, dass das Thema Pflege für ihre Mitglieder von großer Bedeutung ist. Deshalb hat sie in den Tarifverhandlungen der Chemischen Industrie 2019 den “Tarifvertrag Pflegezusatzversicherung Chemie” verhandelt.

Mit "CareFlex Chemie" gibt es erstmals eine bundesweite tarifliche und arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherung für die Chemie- und Pharmaindustrie. CareFlex Chemie ist ein Pflegetagegeld und ergänzt die gesetzliche Pflegevorsorge. Die Grundsätze haben IGBCE und Bundesarbeitgeberverband in ihrem Tarifvertrag vereinbart und im Gruppenvertrag zwischen den Tarifparteien und einem Versicherungskonsortium konkretisiert.

CareFlex Chemie unterstützt also konkret Menschen, die Pflege und Sorgearbeit für ihre Angehörigen übernehmen. Durch die finanzielle Unterstützung des Pflegefalls, des eigenen oder eines Angehörigen, muss die Pflegearbeit nicht ausschließlich privat geleistet werden. Frauen, die immer noch zum überwiegenden Teil die Pflege übernehmen, können berufstätig bleiben. CareFlex Chemie sorgt somit für die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen.