Gesundheit
ist eine
Gender-Frage
Landesbezirk Westfalen macht Thema mit Torwand präsent
Männergesundheit, Frauengesundheit: Was die Medizinforschung vor noch nicht allzu langer Zeit feststellte, braucht Initiative, um in der betrieblichen Gesundheitsprävention anzukommen. „Wir müssen ein Bewusstsein für die Unterschiede wecken“, so Susanne Hardies, Vorsitzende des Landesbezirksfrauenausschusses: „Ein Herzinfarkt hat bei Männern ganz andere Symptome als bei Frauen. Ein Ziehen im Bauch, das ignoriert wird, kann für Frauen schwere Folgen haben.“ Für sie war die Beschäftigung mit dem Thema Gesundheit nicht neu. Mit dem jährlichen Gesundheitstag hatte Susanne Hardies in ihrem Betrieb schon vor einiger Zeit begonnen, Stück für Stück ein Bewusstsein dafür zu schaffen.
„Bei Gesundheit setzen Männer und Frauen den Fokus sehr unterschiedlich“, ergänzt Eveline Engel, Mitglied im Bundesfrauenausschuss. “Wir haben uns zwar schon mit Gesundheitsfragen befasst, haben durch die Arbeit mit der Torwand aber viele neue und wichtige Aspekte entdeckt, die noch zu stiefmütterlich behandelt werden.“ Brustkrebs bei Männern sei dabei nur ein besonders markantes Beispiel.
Gender und Gesundheit – der LBFA Westfalen berichtet
Engagiert hat sich der Landesbezirk des Themas angenommen, Erkenntnisse zusammengetragen und Ziele und Forderungen herausgearbeitet. Christine Wolf brachte ihre Erfahrung und ihr Spezialwissen als Arbeitssicherheitsfachkraft mit ein. Sie beobachtet, dass das Hineintragen des Themas in die Betriebe oft für Aha-Erlebnisse sorge, besonders bei den Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Sie hofft, dass die entsprechenden Anträge auf dem IG BCE Kongress dafür sorgen, dass diese Leistungen politisch und gesellschaftlich besser verankert werden: „Ein Auto muss alle zwei Jahre zum TÜV. Der Gesundheits-Check-up wird statt alle zwei Jahre nun nur noch alle drei Jahre gewährt, das geht einfach nicht.“
„Achtsamkeit und Yoga?
Das ist auch etwas für Männer.“
Eveline Engel bekräftigt: „Für große Arbeitgeber*innen ist ein betriebliches Gesundheitsmanagement kein Problem, aber für die Arbeitnehmer*innen in kleineren Betrieben muss der Gesetzgeber Lösungen finden.“
Aha-Erlebnisse kennt Susanne Hardies aus dem männerdominierten ehemaligen Bergbaubetrieb ebenfalls: „Männer sind bei Symptomen oft körperlich orientiert, Frauen fällt es leichter, auch psychische Belastungen einzugestehen.“ Als Reaktion darauf hat Hardies in ihrem Betrieb Gesprächskreise ins Leben gerufen. „Das Schöne: Auch Angebote wie Yoga, Pilates oder Entspannung in der Mittagspause werden inzwischen von Männern gut genutzt.“
„Wir müssen ein Bewusstsein für die Unterschiede wecken.“
Die Pandemie bremste die Angebote nicht aus, wissen alle drei zu berichten, es wurde einfach digital weitergemacht: Von Bewegung über Arbeitsplatzergonomie bis hin zu Kochangeboten, deren Ergebnisse dann in einer gemeinsamen Pause „verschnabuliert“ wurden. Teilweise hätten die Angebote in digitaler Form sogar eine größere Resonanz als im Präsenzsetting, wie beispielsweise die IG BCE ‚Talk Time in der Mittagspause‘, die vom digitalen Format profitierte. „Bei digitalen Bewegungsangeboten hat manchmal sogar die ganze Familie mitgemacht“, freut sich Susanne Hardies.
Bei allem Erfolg gibt es auch dringende Forderungen, die der Landesbezirk auf die Torwand gebracht hat: „Wir wollen Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen schulen, um ihnen die Themen Gesundheit und Arbeitsschutz näherzubringen und wichtiges Wissen zu vermitteln“, sagt Eveline Engel. Das Thema zum Thema machen, und über die Betriebsräte Gesundheit in Betriebsvereinbarungen verankern, ist eines der nächsten Ziele.
Verena Maretzki
„Das Auto muss alle zwei Jahre zum TÜV, wieso also nur alle drei Jahre ein Gesundheits-Check-up?“