EDITORIAL

Zeit der Umbrüche

Zeit der Umbrüche

Liebe Kolleg*innen,

Karin Erhard
Mitglied des geschäftsführenden
Hauptvorstandes
der IGBCE

Foto: Nicole Strasser

wir sind in einem Jahrzehnt der Umbrüche und Veränderungen. Die Transformation unserer Industrien ist im vollen Gange. Mit Spannung habe ich Ende September die Hochrechnungen und Auszählungen zur Wahl des Bundestages verfolgt. Die nun angestrebte „Ampel-Koalition“ könnte bei der Gestaltung der Umbrüche wichtige Impulse setzen.

Bereits in den Sondierungen haben die drei Parteien sich eindeutig zur Gestaltung der Energiewende mit dem Leitbild einer sozial-ökologischen Wirtschaft bekannt. Es ist gut, dass sozial und ökologisch gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Im Rahmen unseres Gewerkschaftskongresses haben wir nämlich genau dies in vielen Anträgen beschlossen: Die Energiewende gelingt nur mit uns und nicht gegen uns.

  • eine Zukunft für gute Industriearbeit
  • gute und gerechte Arbeits- und Lebenschancen für Beschäftigte
  • den Erhalt und Ausbau sowie die Modernisierung von Industriestandorten
  • transformationsbedingte Entlassungen verhindern
  • ein Investitionspaket von 450 Milliarden Euro für Strukturwandel

Im Sondierungspapier steckt auch einiges zur Gleichstellung von Frauen und Männern drin. So hat sich die Ampel darauf verständigt, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen zu stärken und Benachteiligungen am Arbeitsmarkt abzubauen. Als IGBCE haben wir konkrete Vorschläge, wie das gelingen kann:

1. Die Tarifbindung muss ausgeweitet werden. Mit Tarifvertrag ist der Gender Pay Gap geringer. Tarifverträge schützen vor Benachteiligung. Verbunden ist dies mit einem Appell an „die Frauen“: Organisiert Euch in Gewerkschaften. Nur wer Mitglied ist, kann Einfluss nehmen und die (Frauen)-Welt etwas besser machen.

2. Betriebsratsneugründungen müssen verstärkt werden. Wir wissen, dass in Betrieben mit Betriebsrat und Tarifvertrag die Gleichstellung auf einem höheren Niveau ist. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist die Gründung von BR-Gremien erleichtert worden. Das ist gut und wichtig. Im kommenden Jahr finden wieder turnusmäßig die Betriebsratswahlen statt. Dabei ist es wichtig, dass viele Frauen kandidieren und gewählt werden. Denn auch für den Betriebsrat gilt: Diverse Teams arbeiten erfolgreicher und erzielen bessere Ergebnisse.

3. Wir brauchen mehr Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats für eine gute Genderpolitik. Unser konkreter Umsetzungsvorschlag liegt auf dem Tisch: die verbindliche Einrichtung von paritätischen Gleichstellungsauschüssen. Außerdem muss Gleichstellung in den Themenkatalog der erzwingbaren Mitbestimmung.

Was leider nicht im Sondierungspapier steht, ist die geschlechtergerechte Gestaltung der Transformation.

Wir fordern, dass bei allen industriepolitischen Maßnahmen geprüft werden muss, welche Auswirkungen sie auf Frauen und Männer auf unterschiedliche Weise haben wird. Und es muss darüber beraten werden, wie Maßnahmen ausgestaltet sein müssen, damit sie geschlechtergerecht wirken.

Ich halte in dem Zusammenhang den Zugang zu Weiterbildung für eine der zentralen Verteilungsfragen unseres Jahrzehnts. Wir müssen darüber sprechen, wie wir den Zugang zu Weiterbildung geschlechtergerecht gestalten können. Warum nicht den Anteil der Frauen quotieren? Was bei Führung klappt, kann auch bei Weiterbildung gut sein!

In dieser Zeit der Umbrüche steckt eine Riesenchance für Frauen. Wir müssen sie nur nutzen!

Eure Karin Erhard

Karin Erhard
Mitglied des geschäftsführenden
Hauptvorstandes der IGBCE